Die Anthologien (Cönk) als Speicher des heiligen Wortes: Eine rituelle und literarische Untersuchung der Anthologie eines alevitischen Geistlichen (dede)
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https://doi.org/10.24082/abked.2016.13.004Schlagworte:
Alevitischer Gottesdienst (Cem), Anthologie (Cönk), Ağuiçen Geistlichenhäuser (Ağuiçen Ocağı), Aleviten aus Diyarbakır (Diyarbakır Alevileri)Abstract
Die Sammlungen (cönk), die eine sehr bedeutende Rolle in türkischer Kultur und Literatur spielen, zeichnen sich innerhalb der schriftlichen Tradition der Aleviten durch eine spezifische Struktur aus. In diesem Sinne fällt auf, dass insbesondere die Sammlungen der alevitischen Geistlichen (dede) und der Saz-Spieler und Hymnen-Sänger (zakir) inhaltlich nach der rituellen Praxis der Zwölf Dienste (Oniki Hizmet) editiert wurden, welche während der Cem-Andachten praktiziert und als das wichtigste Ritual der Aleviten gelten. Die Sammlungen (cönk) haben in dieser Hinsicht innerhalb des alevitischen Glaubenssystems neben ihrer kulturellen und literarischen Wertigkeit auch eine rituelle Bedeutung. Diese besondere Bedeutung der von alevitischen Autoren verfassten Sammlungen zeigt sich auch darin, dass sie im Rahmen des Vergleichs des Rituals mit mündlicher und schriftlicher Tradition wichtige Anhaltspunkte zur Erklärung ritueller Praxis der vergangenen Jahre geliefert haben.
Wir werden in dieser Arbeit die rituellen Aspekte der alevitischen Schrifttradition und der Sammlungen (cönk) am Beispiel einer Sammlung von Seyyid Derviş Ali behandeln, der in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts gelebt hat und dem Zweig der Ağuiçen Ocağı (Geistlichenhäuser Ağuiçen) in Diyarbakır gehörte. Diese erwähnte Sammlung (cönk), die förmliche Beispiele aus den religiösen Gesängen zu Ehren der Zwölf Imame (düvaz imam), aus den Ansprachen (nutuk), aus den Volksdichtungen (tevhit), aus der Rezitation der Klagelieder für die Gefallenen in Karbela (mersiye) und Auferstehungslieder (miraçlama) enthält, welche von den zu den alevitischen Geistlichenhäusern der Region Diyarbakır gehörenden Gemeinden in den Cem- Gottesdiensten praktiziert werden, ist auch wegen ihrer Rolle bei der Erklärung der Praxis der zu den Ritualen gehörenden gereimten Texte sehr wichtig.
Daraus, dass im Rahmen der Feldforschungen in der Region festgestellt wurde, dass viele der gereimten Texte in den Cem-Gottesdiensten, die heute immer mehr aus den Köpfen gelöscht werden, in dieser Sammlung (cönk) – explizit - erwähnt werden, wird klar, dass die rituelle und literarische Untersuchung der Sammlungen durch Gegenüberstellungen mit der mündlichen Tradition an Bedeutung zugenommen hat. Die Tatsache, dass zudem in der alevitischen Schrifttradition die von den alevitischen Geistlichen verfassten Bücher für religiöse Handlungen (erkân defteri) und Sammlungen (cönk) meistens entsprechend der rituellen Struktur geordnet und klassifiziert werden, verdeutlicht die Wichtigkeit dieser Art von Gegenüberstellung und Untersuchung umso mehr. In diesem Sinne beschäftigt sich die vorliegende Arbeit zum einen mit der Untersuchung des Stellenwerts, den die gereimten Texte aus der Sammlung von Seyyid Derviş Ali in der rituellen Struktur einnehmen und zum anderen mit den funktionalen Eigenschaften dieser gereimten Texte, die sie entsprechend den Arten der Dichtung innerhalb des Rituals haben und dabei mit der wörtlichen Tradition und den anderen geschriebenen Quellen verglichen werden. In der zweiten Stufe werden die Ergebnisse über jene Gedichte präsentiert, die in dieser Sammlung vorkommen und förmlich und inhaltlich aus literarischer Sicht untersucht wurden.
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