Ein Text Der Badachschan-Ismailiten: Guharriz

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DOI:

https://doi.org/10.24082/2024.abked.449

Schlagworte:

Ismailiten, Badachschan, Zentralasien, Alevitentum, Guharriz

Abstract

Die Tradition der Badachschan-Ismailiten, die ihren Ursprung in den südöstlichen Teilen Zentralasiens, in den Hindukusch-, Pamir- und Karakorum-Gebirgen hat, hat nicht nur jahrhundertelang verschiedene schriftliche orthodoxe ismailitische Texte intern reproduziert, sondern auch, wie die anatolische alevitische Tradition, eine Vielzahl mündlicher Werke hervorgebracht, die charakteristisch für heterodoxe (d. h. eher der „Peripherie“ als dem „Zentrum“ zuzuordnenden) Gemeinschaften sind. In dieser Studie soll das aus der Ursprungsregion hervorgegangene Werk Guharriz untersucht werden.

Das literarische und intellektuelle Niveau des Guharriz kann nicht als sonderlich hoch bezeichnet werden. Es enthält viele Rechtschreibfehler. Obwohl es im Prosastil geschrieben ist, enthält es auch Gedichte, von denen die meisten Nasser al-Husrev zugeschrieben werden. Die Bedeutung des Werks liegt darin, dass es nicht nur theologische Ausführungen enthält, sondern auch historische Anhaltspunkte liefert, und somit unter den in der Region entstandenen Schriftwerken am meisten dazu beiträgt, ein besseres Verständnis der in den Bergen lebenden, heterodoxen alevitisch-ismailitischen Gemeinschaft zu erlangen, die sich ansonsten durch eine mündliche Tradition auszeichnete. Ebenso wichtig ist die Tatsache, dass einige Elemente des Textes, wie z.B. die Schöpfungsgeschichten, denen der alevitischen Buyruk-Texte ähneln. Dies eröffnet uns eine andere Perspektive auf das anatolische Alevitentum. Beide Traditionen sehen in Ahmad Yassawi einen Heiligen – bei den Badachschan-Ismailiten findet sich dies in der Çerağname, die bei Beerdigungszeremonien rezitiert wird, und bei den Aleviten/Bektaschiten in der Vilayetname. In diesem Artikel wird die Meinung vertreten, dass der einzige Unterschied zwischen den Badachschan-Ismailiten und dem anatolischen Alevitentum darin besteht, dass erstere offiziell einem ismailitischen Staat angehören und daher in Bezug auf ihre religiöse Identität als „schiitisch“ gelten, wobei es auch in der Forschung keinen Zweifel an ihrer Zugehörigkeit gibt, während letzteres nach den Mongoleninvasionen in einem Umfeld des Mystizismus entstanden ist und offiziell keinem schiitischen Staat angehört, weshalb die Frage der Zugehörigkeit in Bezug auf die religiöse Identität nach wie vor umstritten ist. Doch abgesehen von der Debatte darüber, welcher religiösen Identität sie angehören, sind lassen sich große Ähnlichkeiten in Bezug auf die Tradition und das mündliche Material, das sie produzieren, konstatieren. Der Guharriz-Text ist eines der wichtigsten Artefakte, die uns heute zur Verfügung stehen.

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Veröffentlicht

2024-06-27

Zitationsvorschlag

[1]
Ay, Z. 2024. Ein Text Der Badachschan-Ismailiten: Guharriz. Forschungszeitschrift über Alevitentum und Bektaschitentum. 29 (Juni 2024), 20–36. DOI:https://doi.org/10.24082/2024.abked.449.

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