Im Mantel der Bescheidenheit: Heterodoxe Türkische Derwisch-Gruppen vor dem 17. Jahrhundert und ihr Verhältnis zum Alevitentum
DOI:
https://doi.org/10.24082/2021.abked.340Schlagworte:
Alevi, Kalenderi, Heterodox, Bezeichnung, KızılbaşAbstract
Zur Bezeichnung der turkmenischen Derwische und der Mehrheit der ihnen angeschlossenen Gemeinschaften, die zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert nach Anatolien migrierten, sind im Kontext ihrer Auffassungen des Sufismus und ihrer Identitäten bezüglich ihrer glaubenszentrierten Rituale verschiedene Begrifflichkeiten wie z.B. Kalenderi, Cavlaki, Haydari, Vefai, Babai, Kızılbaş, Bektashi, Rafizi, Abdal, Işık und Torlak verwendet worden. Die meisten dieser Bezeichnungen entstanden als Ergebnis von Versuchen, solche Gemeinschaften von außen zu definieren, da diese außerhalb des herrschenden Religions- und Politikverständnisses ihrer Zeit angesiedelt waren und ihre religiösen Rituale einen esoterischen Charakter aufwiesen. In wissenschaftlichen Arbeiten hingegen werden sie unter dem Oberbegriff “heterodox” zusammengefasst, weil sie mit Blick auf die Scharia (d.h., religiöse Gesetze) außerhalb sunnitischer und schiitischer Lehren zu verorten sind. Jedoch hat die Frage, ob diese für die genannten Gemeinschaften verwendeten Bezeichnungen unterschiedliche Orden oder Gruppen definieren, eine neue Debatte ausgelöst. In der bestehenden Literatur gibt es Interpretationen in Bezug auf derlei Bezeichnungen und Definitionen, die sich auf Erkenntnisse aus Schriften und Dokumente aus jener Zeit, wie z.B. Archivdokumenten, historischen Quellen, religiöser Sagen (menâkıbname) und Biografien (tezkire), stützen, die von Personen verfasst wurden, die nicht Mitglieder der genannten Gemeinschaften waren. Dabei sind die Ansätze von Personen, die den Gemeinschaften angehörten oder nahestanden, allerdings unbeachtet geblieben. Ausgehend von dieser Feststellung wurde in dieser Studie unter besonderer Berücksichtigung der Schriften ihrer Anhänger eine komparative Analyse hinsichtlich der Bezeichnungen der heterodoxen Gemeinschaften vorgenommen. Zu diesem Zwecke wurde ein emischer und etischer Ansatz verfolgt, der den esoterischen Charakter dieser Gemeinschaften berücksichtigt. Die in diesem Rahmen durchgeführten Untersuchungen haben gezeigt, dass eine bedeutende Mehrheit der Gemeinschaften sich gegenseitig in Bezug auf ihre religiöse Identität, mystische Lehre, Rituale und Namen nicht als verschieden betrachteten und ein Großteil der oben aufgeführten Unterschiede bei der Namensgebung auf Versuche einer “Identifikation von außen” zurückzuführen ist.