Vom geschwisterlichen Bund zum kulturellen Erbe: Der Wunsch nach Bewahrung der Tradition der Weggemeinschaft und das UNESCO-Übereinkommen zur Erhaltung Immateriellen Kulturerbes
DOI:
https://doi.org/10.24082/2025.abked.513Schlagworte:
Alevitentum, Weggemeinschaft, Ritual, UNESCO, Übereinkommen zur Erhaltung Immateriellen Kulturerbes, Zivilgesellschaft, Jenseitsbund, Geschwisterlicher BundAbstract
Die traditionellen Institutionen des Alevitentums besitzen aufgrund ihrer Regeln, Sanktionen und ihrer regulierenden Funktion für das soziale Leben eine zentrale Bedeutung. In der Vergangenheit lebten als Aleviten fernab des städtischen Lebens in Dörfern, wo sie ihre traditionellen Strukturen bewahrten und ihre Rituale praktizierten. Innerhalb der sozialen Organisation des traditionellen Alevitentums nimmt die Tradition der Weggemeinschaft (Musahiplik) einen bedeutenden Platz ein. Diese bezeichnet einen geschwisterlichen Bund ohne Blutsverwandtschaft, die die Treue zum spirituellen Weg symbolisiert, und auch als geschwisterlicher Bund des Weges, des Jenseits oder des Bekenntnisses bekannt. Dadurch, dass die Weggemeinschaft im traditionellen Alevitentum historisch tief verankert ist, an die nachfolgenden Generationen weitergegeben werden kann und durch Regeln und Sanktionen einen Rahmen vorgibt, an den es sich zu halten gilt, verleiht sie dem Einzelnen ein starkes Gefühl der Zugehörigkeit. Obwohl ihre Rituale, Praktiken und Grundprinzipien gleich geblieben sind, wird die Tradition in verschiedenen Regionen und Gegenden unterschiedlich benannt. Diese Vielfalt spiegelt den kulturellen Reichtum des alevitischen Glaubens wider. Die Tradition der Weggemeinschaft hat sich im Einklang mit den gesellschaftlichen Bedingungen, Lebensweisen und Sozialstrukturen ihrer jeweiligen Zeit herausgebildet. Der Wandel der Lebensumstände – insbesondere durch die Land-Stadt-Migration – führte dazu, dass Aleviten sich an neue Umgebungen anpassen, ihre Identität im städtischen Leben verbergen und sich gesellschaftliche Anerkennung verschaffen mussten, was zur Schwächung und zum Bedeutungsverlust traditioneller Institutionen beitrug. Dennoch bleibt die Weggemeinschaft ein tief verwurzeltes kulturelles Erbe, das über Generationen weitergegeben wurde und bis heute fortbesteht. Als gemeinsames Erbe der alevitischen Gemeinschaften Anatoliens ist die Bewahrung dieser Tradition entscheidend für die Wahrung der eigenen religiösen Praktiken und ihrer Weitergabe an kommende Generationen. Laut des UNESCO-Übereinkommens zur Bewahrung des immateriellen Kulturerbes von 2003 ist die alevitische Tradition der Weggemeinschaft als schützenswertes Kulturerbe anzusehen. Das Übereinkommen betont dabei die Notwendigkeit, immaterielles Kulturerbe angesichts der Gefahr ihrer Auflösung und Auslöschung im Zuge von Globalisierungs- und Urbanisierungsprozessen zu bewahren, weiterzugeben und insbesondere junge Generationen über diese zu informieren und diesbezüglich zu sensibilisieren. Im Kontext des UNESCO-Übereinkommens greift die Studie die Frage der intergenerationalen Weitergabe der Weggemeinschaft auf und führt ins Feld, dass ihre Erhaltung in einer zukunftsweisenden Perspektive erfolgen muss.
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