Eine geerbte Streitfrage der Republik: Das Bektaschitentum (1921-1931)
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https://doi.org/10.24082/2025.abked.493Schlagworte:
Republik und Bektaschitentum, Nur Baba, Peyami Safa, Atatürk und das Bektaschitentum, Atatürk und das AlevitentumAbstract
Die Streitfrage um das Bektaschitentum, die die türkische Republik vom Osmanischen Reich erbte, stellt eine Fortsetzung jener Debatten dar, die in der zweiten Verfassungsperiode um den Gegensatz von Religion und Wissenschaft sowie Fortschritt und Rückschritt geführt wurden. Westlich orientierte Intellektuelle forderten zu jener Zeit Reformen im Osmanischen Reich und betonten, dass im Zeitalter der Wissenschaft auch in Bezug auf religiöse Angelegenheiten Reformen unternommen werden müssten. Kılıçzade Hakkı sprach sich sogar für die Schließung von Tekken und Derwischkonventen aus. Während des nationalen Befreiungskampfes wurde diese Debatte vorübergehend ausgesetzt, da der vorrangige politische Wille darin bestand, alle gesellschaftlichen Kräfte in einer breiten Front zu vereinen. Doch noch vor der Ausrufung der Republik wurde die Diskussion durch Yakup Kadri Karaosmanoğlus Roman Nur Baba erneut entfacht. In der Folge erschienen weitere wichtige Werke: So erschienen etwa 1924 Besim Atalays Bektaşilik ve Edebiyatı (Das Bektaschitentum und seine Literatur), 1926 eine Artikelserie in der Zeitung Büyük Gazete, im selben Jahr Beiträge von Baha Said zum Alevitentum in der Zeitschrift Türk Yurdu, 1927 Peyami Safas Erzählung Ein junges Mädchen unter Bektaschis (unter dem Pseudonym Server Bedî), 1928 die Feldforschung von Yusuf Ziya (Yörükan) sowie die Übersetzung von F. W. Haslucks Bektashi Studies und schließlich 1931 Ziya Beys Artikelserie in der Zeitung Yeni Gün, die als Grundlage für J. K. Birges Werk The Bektashi Order of Dervishes (1937) diente.
Einerseits untersuchten die in den frühen Jahren der Republik entstandenen Studien diverse Facetten des Bektaschitentums von seinen geographischen Merkmalen bis zu literarischen Werken. Andererseits wurde in literarischen Publikationen und Zeitungsartikeln direkt oder indirekt für die Schließung des Ordens plädiert. Während Autoren wie Besim Atalay, Baha Said und Yusuf Ziya (Yörükan) versuchten, dem Bektaschitentum durch Betonung seines türkischen Charakters einen Platz im republikanischen System zu sichern, hoben Persönlichkeiten wie Yakup Kadri, Peyami Safa und Ziya Bey die negativen Aspekte des Ordens hervor und sprachen sich – teils explizit, teils implizit – für seine Auflösung aus oder erklärten ihn für überflüssig. Letztlich kam das neue Regime zu dem Schluss, dass das Bektaschitentum der modernen Zivilisation entgegenstand und schloss den Orden, sodass der Versuch der Bektaschis, gesellschaftliche Anerkennung zu erlangen, wie zuvor während des liberalen Klimas der zweiten Verfassungsperiode im Osmanischen Reich erneut scheiterte. Dieser Artikel untersucht diesen Prozess anhand der genannten Quellen und betrachtet die Haltung der republikanischen Regierung gegenüber religiösen Orden im Allgemeinen und dem Bektaschi-Orden im Besonderen in ihrem historischen Kontext mit besonderem Fokus auf den Zeitraum von 1921 bis 1931.
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