Ein Beispiel für den alevitischen Korpus in der Provinz: Ein Manuskript aus dem Ableger des Schah-Ibrahim-Veli-Ocaks in Çorum
DOI:
https://doi.org/10.24082/2023.abked.408Schlagworte:
Alevitentum, Oralität, Literalität, Koran, Manuskript, Schah-Ibrahim-Veli-OcakAbstract
Bis heute hat sich die Forschung zur Geschichte der Religion und des Sufismus im Osmanischen Reich im Wesentlichen auf die wichtigsten wissenschaftlichen und politischen Zentren des Reiches wie Istanbul, Bursa, Kairo und Damaskus konzentriert. Im Vergleich zu diesen ist der Korpus der Sufi-Gruppen in den Provinzen weniger erforscht worden. Insbesondere die Tradition und der Korpus des Alevitentums, das zu Zeiten des osmanischen Reiches in der Provinz angesiedelt und von den städtischen Zentren ausgeschlossen war, ist in den letzten beiden Jahrzehnten intensiver erforscht worden. Zweifelsohne ist ein wichtiger Faktor hierbei die Tatsache, dass alevitische Manuskripte eher in Familienarchiven als in öffentlichen Bibliotheken aufbewahrt werden. Das Manuskript, das in diesem Artikel untersucht werden soll, wurde dem Anwendungs- und Forschungszentrum für Studien zu Hacı Bektasch Weli aus Perspektive der türkischen Kultur der Hacı-Bayram-Veli-Universität von Arap Ali Gazioğlu, einem der Dedes des Ablegers des Schah-Ibrahim-Veli-Ocaks in Çorum, vermacht und ist im Archiv des Zentrums unter der Nummer B375 registriert. In dem Manuskript finden sich Ausführungen zur Lehre der vier Tore und vierzig Stufen, zu diversen Schwierigkeiten des Alltags und verschiedene religiöse Geschichten. Im Rahmen dieses Artikels werden die ersten beiden Themen diskutiert und analysiert. Die Lehre von den vier Toren und vierzig Stufen, die eine der Grundlagen des alevitisch-bektaschitischen Glaubens bildet, wird in dem Manuskript anhand von Versexegesen detailliert erläutert. Ebenso werden in dem Manuskript unter der Überschrift „Schwierigkeiten“ religiöse und soziale Probleme angeführt, mit denen sich Aleviten in ihrem täglichen Leben konfrontiert sehen können, und Antworten zum Umgang mit diesen Problemen gegeben. Aus dem Inhalt des Manuskripts und der Exegese der Koranverse lässt sich schließen, dass die Aleviten, in diesem Fall die Anhänger des Schah-Ibrahim-Veli-Ocaks in der Region Çorum, über einen entwickelten religiösen Korpus verfügen. Im Gegensatz zu landläufigen Behauptungen lässt sich sagen, dass die Aleviten vor allem seit Beginn des 20. Jahrhundert bis in die Gegenwart zur Erklärung ihrer eigenen mystischen Wege eine auf die wesentliche Bedeutung abzielende Exegese des Korans betrieben haben. Der Inhalt des Manuskripts zeigt uns, dass das Alevitentum nicht nur über eine mündliche, sondern auch über eine reiche schriftliche Kultur verfügt und dass diese beiden sich gegenseitig nähren.
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