Gesellschaftliche Positionierungen in den Hz. Ali Cenkname: “Am Beispiel der Schlacht um die Festung Kan”

Autor/innen

  • Tuğrul Balaban Nevşehir Hacı Bektaş Veli Üniversitesi FEF TDE Bölümü Nevşehir

DOI:

https://doi.org/10.24082/2019.abked.255

Schlagworte:

Kriegsbücher (Cenknameler), Imam Ali, Textanalyse, gesellschaftliche Themen, kollektives Unterbewusstsein

Abstract

Literarische Texte enthalten unabhängig ihrer mündlichen oder schriftlichen Überlieferung Spuren der Zeit, in der sie entstanden sind. Diese Spuren offenbaren sich manchmal direkt, manchmal durch Allegorien und Symbole. Dabei liegt insbesondere die mündliche Überlieferung zum Zwecke der Weitergabe gesellschaftlicher Codes an die nächsten Generationen nicht weit entfernt vom betreffenden sozialen Inhalt. Jedoch begräbt der mehrere Jahrhunderte andauernde Entstehungsprozess oft diese Spuren tief im Erzählstrom. Wenn auch die Erzählung in diesen Fällen durch Aktivierung des kollektiven Unterbewußtseins weiterhin ihre Funktion erfüllt, so ist es aber dennoch nicht leicht zu verstehen, wie eine solche Funktion realisiert wird. Die Moderne Wissenschaft versucht mit Begriffen wie Psychoanalyse, Mythos, Archetyp, kollektivem Unterbewusstsein diesen Teil der Funktion des literarischen Textes, der das Individuum und die Gesellschaft gleichzeitig beeinflußt, zu beleuchten. Sowohl der Strukturalismus als auch die psychoanalytische Literaturtheorie versuchen, den genannten Mechanismus der Literatur zu begreifen. In diesem Zusammenhang handelt es sich bei den Hz. Ali Cenkname (Kriegsbücher über Imam Ali) um unschätzbare Quellen, die dazu beitragen, den Zeitraum, in dem sie entdeckt wurden, zu verstehen. Die vorliegende Arbeit versucht den als “Schlacht um die Festung Kan” genannten Text über seine strukturellen Eigenschaften zu analysieren. Die Art und Weise, wie der Islam, Prophet Muhammed und Imam Ali hierin positioniert wurden, wurde in unserer Analyse rund um das Handlungsgeflecht untersucht. In diesem Zusammenhang versucht die Analyse zu bestimmen, auf welche Form der gesellschaftlichen Positionierung die Erzählung hinweist. Über konkrete Beispiele wird konstatiert, wie Imam Ali die Annahmen des Textes beeinflußt hat. Zuerst wird die zentrale Rolle von Prophet Muhammed, die er in der islamischen Gesellschaft einnimmt, seine Auserwähltheit durch Allah über das Handlungsgeflecht behandelt. Die Bestimmung von Imam Ali durch den Propheten Muhammed und durch Allah, seine Funktion als Vertreter des Islam wird in ähnlicher Weise dargelegt. Die Demonstration der Überlegenheit des Islam gegenüber dem Götzendienst, dem Christentum und dem Judentum durch die Aktionen des Imam Ali wird in der Studie analysiert. Die Analyse erwähnt auch die Feststellung, dass Imam Ali nach Angaben des Textes den Islam über zwei Dimensionen vertritt, zum einen über die Dimenision des Kriegs und zum anderen über die Dimension der Wissenschaft. Der Stellenwert des Bildes, das aus dieser zweidimensionalen Erzählung resultiert, wurde im Handlungsgeflecht ebenfalls anaylisiert. Man erlangte über das Bild der Ehli Beyt genannten Prophetenfamilie im Text eine hierarchische Reihenfolge. Ebenso verdeutlicht die Studie auch, dass in dem analysierten Text der Unterschied zwischen dem Prophet Muhammed und anderen Muslimen genauso fiktionalisiert wurde wie der Unterschied zwischen Imam Ali und den übrigen Weggefährten von Prophet Muhammed und dass die im Ereignisse im Text weniger mit der Entstehungs- und Expansionschronik des Islam als vielmehr mit dem Leben von Imam Ali parallel verliefen. Die Analyse behandelte auch die Intertextualität zwischen den Erlebnissen von Imam Ali und den Erlebnissen von Prophet Moses. Wenn man sich den Islam von der Behandlungsperspektive her als eine Religion vorstellt, die sich auf eine zweiteilige Struktur stützt und zwar auf die Dimension des Glaubensbekenntnisses (itikat) und auf die Dimension des religiösen Verhaltens (amel), so ist in dem ganzen zugrundegelegten Text zu sehen, dass die erste Dimenision mit dem Begriff “Märtyrertod” (şehadet) und die zweite Dimension mit dem Begriff “Glaubenskrieg” (cihat) symbolisiert wird. In diesem Zusammenhang wurde auch darauf hingewiesen, dass literarische Erzählungen wie Cenkname (Kriegsbücher), die eine der historischen Quellen bilden, welche sich mit dem aus heutiger Sicht immer noch ernsthaft problematischen Verhältnis zwischen Islam-Jihad befassen, die gesellschaftlichen Codes bestimmen und diese an die nächsten Generationen weitergeben. Mit der Studie wurde wurde ein Beitrag in Lesungen geleistet, die sich mit der Nomadengesellschaft, dem kriegerischen Führer und der Kriegsökonomie befassen. Am Ende all dieser Feststellungen stellte sich heraus, dass die Kriegsbücher über Imam Ali bei der Feststellung und Analyse des islamischen Bewusstseins eine sehr wichtige Funktion haben.

Downloads

Keine Nutzungsdaten vorhanden.

Veröffentlicht

2019-12-30

Zitationsvorschlag

[1]
Balaban, T. 2019. Gesellschaftliche Positionierungen in den Hz. Ali Cenkname: “Am Beispiel der Schlacht um die Festung Kan”. Forschungszeitschrift über Alevitentum und Bektaschitentum. 20 (Dez. 2019), 111–134. DOI:https://doi.org/10.24082/2019.abked.255.

Ausgabe

Rubrik

Artikel