Ahmet Yesevi, die Yesevi-Bewegung und die Yesevi-Tradition in Ost-Turkestan
DOI:
https://doi.org/10.24082/2019.abked.254Schlagworte:
Ahmed Yesevi, Ost-Turkestan, Hoten, Yarkent, Taşkurgan, FerganaAbstract
Die von uns hinterfragte These, wonach Ahmet Yesevi über eine zentrale und sehr hohe Bedeutung im Kern des türkischen Islam verfügen würde, anatolischer Islam inbegriffen, veranlasste uns zu dieser Studie. Nach Abschluss der von uns in die verschiedenen Regionen Zentral-Asiens seit 1997 unternommenen Reisen und nach Sichtung der Werke, die Ahmet Yesevi zugeschrieben werden sowie nach Berücksichtigung der Werke, in denen er namentlich erwähnt wird oder was noch wichtiger ist, wenn man Ahmet Yesevi und seine Nachfolger mit den anderen Sufis der Region verglich, die in der selben Zeit aktiv waren, kamen wir zu der Überzeugung, dass diese ihm zugeschriebene zentrale Bedeutung übertrieben wirkte. Zwar gab es in der Türkei ein Interesse über Ahmet Yesevi, wir bemerkten aber auch, dass dieses Interesse nicht über ein akademisches Interesse hinausging. Als wir 2015 und 2016 zwei Mal für Feldstudien nach Ost-Turkestan reisten, um den Wahrheitsgehalt dieser zentralen Ansicht, die seit Fuad Köprülü in den akademischen Kreisen ohne Zweifel vertreten wurde, zu überprüfen oder andernfalls - neue - Erkenntnisse zur Untermauerung der Gegenthese zu finden, so stellten wir fest, wie falsch wir in unseren Zweifeln lagen. Was wir auf dort auf dem Feld, insbesondere in Hoten sahen, war genau das vorherrschende soziale Umfeld, welches in Köprülü“s Werk aus dem Jahr 1918 mit dem Titel “Die ersten Sufis in der türkischen Literatur” als Übersicht dargestellt war.
Die Diskussionen, die über Ahmet Yesevi und über die Yesevi-Bewegung in der Türkei geführt werden, konzentrieren sich vielmehr auf die Dimension, ob Ahmet Yesevi ein Sunnit war oder nicht, während unser Blick sich an diesem Punkt eher darauf richtet, von welchen Kreisen er akzeptiert wird und nicht danach, ob Ahmet Yesevi ein Sunnit war oder nicht. Hinzu kommt, dass der Einfluß der Yesevi-Bewegung bis heute stets über die Islamisierung der Regionen untersucht wurde, in denen die Nord-Türken lebten, wohingegen die Angelegenheit betreffs der Untersuchung der Süd-Türken unter dem Einfluß der Naqschbandīya angegangen wurde. Wenn auch bedeutende Forscher wie Devin Deweese zeigten, dass das Fundament der These, welche die im Süden lebenden Türken betraf, stabil ist, so präsentierten sie diese These nicht über die Schiene der Yesevi-Bewegung, sondern über eine Perspektive, die im Zusammenhang mit der Naqschbandīya stand. Daher schien es so, als ob die Naqschbandīya der Yesevi-Bewegung die Rolle stehlen würde. Dies wiederum intensivierte unsere Hinterfragung.
Der vorliegende Artikel zielt darauf ab, die Frage danach, ob die Yesevi-Bewegung bei der Islamisierung der Süd-Türken, die östlich des Pamirs in den Gebieten des Ost- Çağatay Khanats liegen, eine Rolle gespielt hat, mittels der Feldforschungsdaten, die hauptsächlich in Hoten und in Ost-Turkestan gewonnen wurden, zu diskutieren.